Die Mühlteich-Nixe

 

 

Ich bin eine. Ich hab nah am Wasser gebaut. Unlängst begegnete ich ihr wieder: 

der Mühlteich-Nixe. Ja, der aus dem Märchen, die des Müllers Not und Mangel wenden und seine Kisten und Kästen wieder füllen wollte, wenn er ihr das, was eben jung und neu geworden war, überließe. Hund oder Katz werden gejungt haben, denkt der Müller. Warum denkt er nicht an die Frau, im neunten Monat schwanger. Ist der Kerl denn blind? - Sein Sohn wird's ausbaden müssen, eines Tages ...

Wie geht's dir mit dem Müllersburschen? frag ich die Nixe. Und was tust du so den ganzen Tag? Erzähl, wie ist's bei dir im Wasser.

Ich lass mich treiben, sagt sie, ganz einfach. Es gibt Strömungen, die sind kühl, da, wo der Bach einfließt; hellwach, quicklebendig werd ich davon. Dann schießt mir die Freude ins Rückgrat. 

Schnelle und schnalz wie ein Fisch aus dem Wasser und mit einem Salto zurück auf den Grund. Dort unten ist es ruhig, dämmrig, sanfter schlägt das Herz. Streck dich aus und leg dich nieder! Der flaumige Moorgrund schmeichelt dem Leib. Tupf mit dem Finger auf eine Muschel, schau, wie sie zuklappt, empört eine kleine Sandwolke ausbläst.

Was ich tagsüber tu? So kann nur eine Zweibeinige fragen. Was ich tu? Nichts! Ich bin da, und es passiert soviel:

Hast du schon mal Wasserläufer von unten betrachtet, und ihre Füßchen, sechs klitzekleine Luftkissen krallend? Wetten schließ ich ab mit mir, wohin die Verrückten laufen, und ich hab noch nie gewonnen. 

Hast du zugeschaut, wie eine Libellenlarve, der gierige Wassertiger, vorwärtsstürzt, enterhakt, beißt, reißt, während sich das Fressvieh windet?

Frösche paaren sich, Laich wimmelt im lauen Uferwasser, schwarzschwänzelndes Gewurle. Berühre schnurrbärtige Barben, blick ins mordlustige Auge eines Hechts! 

Schau, die Wasserschnecken, kalkige Trauben am Schilf, hörst du wie's schrappt, 

wenn sie allesamt fressen?

Bist du schon zwischen Seerosen getaucht, durch die Schläuche ihrer Stängel geschlüpft? Oder bäuchlings über Unterwasserwiesen geschwommen, zart bestrichen von den Gräserspitzen? Hast mit Ottern gespielt, Biber geärgert, Schlangen gestreichelt, den Regen das Wasserdach peitschen sehen, von Blitzen grell beleuchtet?

Ach, was du alles nicht kennst! - Wie's mit dem Müllersburschen war, fragst du.

Er war noch gar nicht da. Morgen wird er achzehn, morgen ist er dran.

 

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