"Entartete" und vergessene Malerin

Maria Casper-Filser

 

 

 

 

Das impressionistische Bild heißt Schneeschmelze und ist von Maria Casper-Filser im Jahr 1909 gemalt worden. 

 

Ein warmer Sturmwind tobt über den Hang, biegt und beutelt die Obstbäume und schleckt den letzten Schnee weg. Das Gras ist noch winterlich fahl. Im Hintergrund blauen die Berge der Schwäbischen Alb. Jetzt kann der Frühling kommen.

 

Dass so ein Bild entartet sein soll, ist allerhand. Maria Casper-Filser hat es 1909 gemalt, da war sie 31. Sechsundzwanzig Jahre später, also 1937, hing es in dieser gruseligen Ausstellung „Entartete Kunst“. Unglaubliche 1 ½ Millionen Menschen haben sie besucht.

Warum fuhren die Menschen so drauf ab, auf das Schlechtmachen der moderen Kunst. Sie waren sie nicht gewöhnt. Was waren sie denn gewöhnt? Im bayrischen Katholizismus kannten sie die Gemälde in den Kirchen, die Altarblätter, die wurden im Barok und im Rokoko gemalt, Jawohl, so wie es sich gehörte. Auch das Biedermeierische mit den romantischen Bildern eines Carl Spitzweg und den netten Illustrationen von Ludwig Richter war doch gut und konnte einem gefallen.  Aber schon in der Realität der neuen Sachlichkeit hörte sich etwas auf, obwohl sie alles genau so abbildete, wie es war. Vielleicht zu genau. Denkt an Otto Dix. Das war ja grässlich, wie der das Sterben auf den Schlachtfeld des 1. Weltkriegs malte. Man hielt es nicht aus und musste es verhängen und bald ganz entfernen.

Man wollte doch eine heile Welt, Bilder sollten das Gemüt erfreuen, man muss doch nichts von Kunst „verstehen“, es brauchte einem ja nur zu gefallen. Genau! „Ich versteh ja nichts von Kunst, aber das Bild von dir da, das gefällt mir.“ Das ist mir oft gesagt worden, früher, als ich selbst ausgestellt habe, als ich noch jung und eine Neue Wilde war. Nein, Bilder müssen wie Literatur und andere Künste „kennen gelernt“ werden. Und das passiert, wenn es das Elternhaus vermittelt, und auch in den Bildungsanstalten, den Internaten und Gymnasien, auf die die Kinder der „Bessern“ geschickt werden. Das waren damals die wenigeren.

Endlich brauchten sich die Mehreren nicht mehr zu schämen, weil sie die Kunst nicht verstanden. Das waren – Zitat - „krankhafte Auswüchse irrsinniger und verkommener Künstler“, wie Hitler in Mein Kampf erklärte. Richtig! Endlich wurden diese Machwerke eingebildeter Schmierer an die Wände gehängt, wo man über sie lachen und spotten konnte. Und zwar am 19. Juli 1937 in den Hofgartenarkaden in München. Und jetzt musste eine deutsche Kunst her, eine sauberne, von der man nicht verarscht wurde oder die weh tat, und die jedermann und jedefrau gleich verstand. Schaut her, so schön und blond und hehr und tapfer sind wir. Jawoll! Das baut auf! Diese Bilder konnte man sich visavis im Haus der Deutschen Kunst anschauen.

 

Zurück zu Malerin der „Schneeschmelze“, zu Maria Casper-Filser. Sie wurde am 7. August 1878 – eine Löwin – in Riedlingen an der Donau geboren. Dahinter zogen sich die Hänge der Schwäbischen Alb, die Landschaft ihrer Kindheit und Jugend. Dazu gehörte auch die Freundschaft mit dem Nachbarsbuben, dem Casper-Karl, mit dem sie ein Leben lang zusammenblieb, studierte, heiratete, Künstlervereinigungen gründete oder beitrat, Ehrungen erhielt, bei Bienalen teilnahm und vielen anderen Ausstellungen. Auch nach dem Krieg ging es weiter, z.B. 1959 mit dem Bundesverdienstkreuz, das ihr Theodor Heuss verlieh. Und obwohl sie – Zitat - zu den wegweisenden deutschen Malerinnen des 20. Jahrhundert gehörte, wurde sie vergessen. Sie war wohl nicht mehr „in“. Nach dem Krieg folgte die amerikanisch beeinflussste abstrakte, informelle Malerei.

Erst 1978 wurden ihre Werke in der Galerie Albstadt wieder öffentlich gezeigt. Dazu kam ein Katalog heraus, den Sie sich gerne im Anschluss anschauen können. Und erst kürzlich eine Ausstellung, wieder in Albstadt vom 12. November 17 bis Ende Janur 18, speziell mit Landschaftsbildern aus der Alb und denen aus Italien. 1914 hatte sie nämlich die Gelegenheit, erstmals in Italien zu malen, weil ihr Mann den Preis der Villa Romana erhalten hatte. Sie wollte die Landschaft nicht mehr realistisch-impressionistisch darstellen, sondern, von Paul Cecanne beeinflusst, als Farbkomposition.

Sie bekam mit 41 Jahren, also 1919, ihre Tochter Felicitas. Sicher höchste Zeit für eine Reproduktion, die einzige Produktion, die man damals (und nicht nur damals) einer Frau zugestand. 

 

1928 begannen die Diffamierungen durch die nationalsozialistischen Presse, die es sicher nicht goutierte, dass sie im Jahr zuvor in den Vorstand des deutschen Künstlerbundes aufgenommen und 1925 als erste deutsche Malerin den Titel Professor erhalten hatte. Sie bekam 1937 Malverbot und erhielt keine Bezugsscheine mehr für für Farben, Malmittel und Leinwände. Ihre Werke werden aus den Museen entfernt und/oder vernichtet. Oder privat eingesackelt, kann ich mir vorstellen. 1939 zieht die Familie Casper-Filser von München nach Brannenburg inm Inntal, wo sie ein Haus mit Garten haben. Dort ist ihr Mann 1956 gestorben. Maria lebte noch weitere 12 Jahre bis sie mit 90 im Februar 1968 starb. Sie ruhe in Frieden und das ewige Licht der Farben leuchte ihr ...

 

Danke für Ihre Aufmerksamkeit!

 

Zurück