Ich stelle hier die Adventsschachteln und -texte ein, die mir am besten gefallen.

 

 

Wie die Zimtsterne entstanden sind

 

Es hat sich heut geöffnet das himmlische Tor.

Die Engerl, die kugeln ganz haufenweis hervor.

Die Bubelen, die Madalen, die schlagen Putzigagelen.

Echt? Putzi-Gagelen? A, a, a.

Die Engerl möchten lieber Plätzerl backen,

Nüsse knacken, Mürbteig hacken, Unsinn machen,

Jawoll!

Schau, schon fliegn sie übers Mehl,

flügelschlagend, dass es staubt wie Schnee.

Schmeissen Kokosflocken umeinander,

kugeln Eier, schlucken Weinberl,

 nudeln Marzipan zu Schnecken

und verstreuen Liebesperlen

bis sich alle küssen. Noch’n Engelsschmatz,

du Husarenkrapferl, du?

 

Sie naschen Mandeln, schnupfen Zimt,

stecken sich Rumkugeln in die Ohren,

pappen mit Zuckerguss die Wolken zusammen.

Schlagen s’Eiweiß bis es schreit

Und essen Teig, bis keiner mehr da ist. 

Diese Engel!

Aber schau: Einer zupft Sterndl vom Himmel

und legt sie aufs Backblech. Wer hätte das gedacht? 

Schaut gut aus, ey!

 

 

Kellerkönig und Kellerkönigin

 

Wie ist es nur dazu gekommen, dass König und Königin im Keller gelandet sind? Tja, sie wurden exiliert, vertrieben aus ihrem angestammten Reich, dem Kühlschrank. Dort, wo es hell und licht und sauber ist. Wo die Butter in der Dose liegt, die Wurst versiegelt und der Käse luftdicht abgeschlossen ist.

Hier unten dagegen: duster, dreckig, unhygienisch. Oben kann ja jeder herrschen. Aber unten, wo’s munkelt im Dunklen. Wo sich Schatten in den Ecken ducken, Röhren zischen, Leitungen klopfen, wo der Hahn tropft, das Gurkenwasser gluckst und Schimmel blüht auf feuchten Ziegeln.

Ach, herrje, stöhnt der König, wo sind wir nur hingeraten? 

Wollt ihr’s wirklich wissen?, fragt eine Riesenassel, die wie ein schwarzgeräucherter Schinken von der Decke hängt. Ihr seid dort, wo das gehobelte Kraut mit bloßen Füßen ins Fass getreten wurde, bestreut mit Wacholderbeeren und Salz. Ihr seid in der Zeit gelandet, als die Eier in Kalk gelegt wurden und Kartoffeln einen Winter lang in der Steige lagen.

Die Königin schaut sich um. Sie blickt über Apfelmus, eingeweckt in langen Gläserreihen, über Zwetschgen-, Birnen- und Hollerkompott.

Der König entdeckt Bierkästen und Weinflaschen. Zaghaft lächelnd hebt er sein Szepter und nimmt die Herrschaft übers Eingemachte an, das die Menschen einen Winter lang nähren wird. 

Lang lebe der Kellerkönig und seine Königin! ruft die Riesenassel. Juhu!

 

 

Im Winter

 

Verlorene Handschuh,

liegn g’lassene Mützen,

eisige Glupperl,

nasse Füaß und

Angst vorm Ausrutschen.

 

In aller Früh die Krähn,

die schwarzen Luader

wia’s dean, so schiach scho! 

Schnee ramma,

vom Auto s’Eis abkratzen.

D’Hund beißts Streusalz.

Koa Katz geht naus.

Wia d’Heizkosten steign!

 

Kimm, geh ma

Schi- und Schlittenfahrn,

Walzer tanzen aufm Weiher,

kauf ma uns an Punsch

und a Tütn hoaße Kastanien

vom Maroni-Mo.

Na geht’s scho wieder.

 

 

Der Kapitän

 

August Maier aus Seebruck hatte einen Traum:

Er ist Kapitän zur See, besoldet nach B 3,

und alle müssen "Herr Kap'tän" zu ihm sagen.

Geht's noch?

Aber sie tun es: Herr Kap'tän, woher weht der Wind und 

wo geht's nach Übersee zu den Herren und den Frauen-

Inseln down under?

Luvt die Hälse, reckt die Daumen, Boye auf 11 Uhr.

Höchste Zeit für d'Weißwürst!

Klar Deck und rein Schiff! Tischtücher raus und

alle Mann an Deck! – Und die Damen?

Klar zum Charmieren: Wulle wu kuschee avec moi?

Mä no, Missjöh Ogüst Majeer, mä no.

Wirkli net, lieber no a Weißbier, Herr Kap'tän.

Ist er net nett, der Maier Gustl von der Chiemsee-

Dampfschifffahrt?

 

 

Du da, Garuda!

 

Du bist ein geflügelter Gott mit Manneskörper und Adlerkopf. Aber wer ist der weiße Stier mit Hirschgehörn, Fischschwanz und grünen Flügelflossen? Er springt wie ein Delphin vor dem Palast der Phantasie aus dem Wasser. Gekauft wurde er letztes Jahr auf dem Weihnachtsmarkt an einem Stand der dritten Welt. 

Bei uns in der ersten, ist es grad dunkel und kalt und fies. Ihr dagegen habt es gut warm auf dem indischen Subkontinent, zu dem einem Chili einfällt, Monsun, Kim & Mowgli, Mädchen im Sari, das Tadsch Mahal, der Ganges und die Hindu-Tempel. Und die Armut, die Menschenmassen, die Kinder und dass man spenden soll in der Vorweihnachtszeit und viel zu wenig tut für all die Armen, Hungrigen, Elenden und Verlassenen.

 

Hilfe! Wir spenden ja, und dann lasst uns bitte unsere Ruh. Wir kaufen uns los und gehen lieber wieder auf den Weihnachtsmarkt zum Würstel essen und Punsch trinken.

 

 

Rotkäppchens Korb 

 

Es ist zum Verzweifeln, sagt der Wolf, Rotkäppchen pflückt schon wieder die Blumen und hat ihren Korb hier auf dem Weg stehen lassen, mit Kuchen und Wein, und ich krieg’ und krieg’ die Flasche nicht auf. Ohne Korkenzieher: no chance.

Muss ich denn wieder Fleisch und Blut – ? Ich armer Karnivore. Den Kuchen könnt ich schon fressen, aber ich reiß’ mich nicht um Kuchen, ich steh’ einfach nicht drauf. Eine Wurstsemmel wär mir lieber.

Stattdessen muss ich diese zähe Großmutter packen. Und damit sie nicht so allein ist in meinem Bauch, als Nachspeis auch noch ihre Enkelin.

Immer das Gleiche, so ein Märchen. Und dann muss der Jäger kommen und – Nein, nein, ich hab’ mir einen Reißverschluss einbauen lassen. Da springen sie dann wieder raus aus meinem Bauch, das Rotkäppchen und die Großmutter, und lachen sich einen Ast. 

Und ich?

Ich krieg’ dann endlich einen Schluck Wein.

 

 

 

Hugo, der Genussbär

 

Hugo ist Klempner,

sein Handwerk stemmt er

erfolgreich und fleißig.

Er ist über dreißig.

Ein Bär, der sich was gönnt.

Hin und wieder auch könnt

er in die Oper gehn

oder Kunst in Museen sehn.

Aber lieber isst er italienisch.

Das ist nicht so akademisch.

Er ist ein kugelrunder Hugo,

kein Wunder bei Pasta und Sugo,

ein Gourmet und Muschelschlecker.

(In Weißwein sind sie oberlecker!)

Abnehmen will er irgendwann,

wenn er kann. Dann

macht er eine Silberfisch-Diät.

Zu der ist es nie zu spät.

Noch kugelt er fröhlich durch die Welt,

die ihm, so wie sie ist, gefällt.

  

Frohes Fest, Hugo-Bär!

 

 

 

Am Nordpol

 

Du brauchst endlich einen Neuen, sagte Lisa zu Sedna am Telefon. Dein Alter ist ja so was von schäbig!

Was geht’s dich an?, wollte Sedna wissen. Ich bin an ihn gewöhnt.

Sedna und Lisa waren Schwestern und das schon seit mehr als 50 Jahren.

Dass’d dich nicht genierst, bohrte Lisa weiter. 

Sedna legte auf. Blödes Weib!

Eine Woche später trafen sie sich zufällig in der Stadt. Ja, da schau her, rief Lisa, ein Neuer! Gut schaut er aus.

Sedna gab zu, dass er zärtlich war, warm und kuschelig.

Mit dem kannst direkt zum Nordpol fahren, sagte Lisa.

Kommst mit?, fragte Sedna.

So kam es, dass die beiden alten Schwestern eine Reise in den hohen Norden unternahmen und Eisbären, Robben und Eskimos zu Gesicht bekamen.

Und alle, alle fanden den Neuen unglaublich schön. Grün mit weißen Punkten, Sednas neuer Anorak. 

 

 

 

Shahmaran

 

Die Schlangenkönigin Shahmaran aus Anatolien liebte einst einen Mann namens Camsab. Er liebte sie auch, als er aber Heimweh bekam, bat er sie, gehen zu dürfen. Shahmaran erlaubte es, wenn er verspräche, nie den Ort zu verraten, wo sie lebte. 

Leider war der König seines Landes todkrank geworden und dessen Wesir zwang Camsab unter Folter Shahmarans Aufenthaltsort preiszugeben. Denn nur ihr Fleisch würde den König heilen, meinte der Wesir.

Man fing Shahmaran und brachte sie in den Palast des Königs. Aber bevor sie getötet wurde, sagte sie, wer von ihrem Fleisch esse, müsse auf der Stelle sterben, wer aber von der Brühe trinke, in der ihr Leib gekocht werde, dem würden alle Geheimnisse der Welt zuteil. Weil Camsab so verzweifelt war, dass er seine Liebste verraten hatte, aß er sofort ein Stück Schlangenfleisch. Der König und der Wesir aber tranken von der Brühe und starben auf der Stelle.

Shahmaran jedoch lebte in ihrer Tochter weiter und immer weiter bis heute. Ihr Bild hängt noch in vielen ländlichen Schlafzimmern Anatoliens über dem Ehebett, denn Shahmaran bringt Kindersegen.

 

 

Bukolisches Gedicht

 

Herbst, die abschiedsreiche Zeit, war gekommen,

es wehten die Winde wohl her und wohl hin.

Auf Wiesen und Weiden, auf Berg und im Tal

fraßen Rinder das restliche Gras.

In der Toskana geschah’s. Scusi, oh Hirt,

sind wohl deine Tiere und rentiert sich ihr Fraß?

Freilich, Fremder, was zweifelst du dran?

Zweimal am Tag gehn sie zum Melken

und munter plätschert die weiße Flut in den Tank.

Sauber und schnell zum teuren Produkt veredelt:

zu Mascarpone, Mozzarella, Parmigiano, Pecorino.

Panna cotta, Gorgonzola, Fontina und –

Halt ein, bukolischer Hirte, stop it!

Im Munde das Wasser läuft mir zusammen und

hör nur, wie mein Magen mault!

Buon appetito!, wünscht der Bursche auf Italienisch

und deutet auf die nächste Trattoria „La Mucca“.

Muh, muh, machen die Kühe, astrein auf Bairisch.

Wer wohl hat es ihnen beigebracht?

 

 

Wildschwein-Weihnachten

 

Stell dir vor, du bist ein Wildschwein und der Schnee liegt hoch und harsch. Bis du da durchschrammst mit dem Rüssel, das tut weh! Steinhart ist der Boden, in dem tief die guten Wurzeln liegen, Engerling und Regenwürmer sich verstecken. Dich zwickt der Bauch und Schnupfen kriegst du auch. Hart ist das Wildschweinleben im Winter.

 

Wirklich? Wer hat denn da ein Picknick aufgetischt? Hagebutten, Haselnüsse, Vogelbeeren, Getrocknetes und Frisches, hübsch garniert mit Silberdisteln. Lola war’s und die Winterhexe. Sie bescheren allen Tieren im Wald ein super Weihnachts-Menü.

 

Oink, oink, dankt das Wildschwein und verschwindet wieder im Wald. Wie schön, wenn an Weihnachten der Bauch voll ist und die Seele friedlich.