Exposé

 

DIE GUTE WIRTIN

 

Marie-Luise Bittner, Mitte 50, hat ihre Mutter bis zum Tod gepflegt. Nach der Beerdigung ist sie erschöpft und will Urlaub in Südtirol machen. 

Sie landet in der „Pension Überblick“ bei der "guten Wirtin" Frau Franziska Firmian, Mitte 70, ehemals Wirtin der ‚Sonne‘ unten im Dorf. Sie ist mit den Anfängen des Fremdenverkehrs "groß" geworden und hat dabei sich selbst und ihre Tochter gnadenlos "missbraucht".

Aber Marie-Luise gefällt das Altmodische der Pension und auch Anton, der Neffe der Wirtin, gefällt ihr. Aber der bleibt zurückhaltend, denn er liebt Steffi, Frau Firmians verstorbene Tochter, und hält Zwiesprache mit ihrem Bild, er will ihr treu bleiben.

 

Als Marie-Luise ihr Erbe erwähnt, um sich vielleicht eine kleine Immobilie am Ort zu erwerben, interessiert sich Frau Firmian plötzlich für sie und fordert ihren Neffen auf, „nett“ zu Marie-Luise zu sein, damit die ihr Geld in die Pension steckt. Dann kann die Gute Wirtin noch einmal die Zügel in die Hand nehmen und herrschen. Die Wirtin macht sie sogar zur Geschäftsführerin, unbezahlt natürlich. Aber bald wird Marie-Luise die Arbeit zuviel und sie unternimmt mit Karlheinz, einen Stammgast und Alkoholiker einen Ausflug. Die Wirtin ist stinksauer, Marie-Luise kuscht und lässt sich weiter hunzen. Als sie entdeckt, dass sie das neue Dach bezahlen muss, packt sie und will nachts heimlich abhauen.

 

Doch halt! Ein Gespenst erscheint. Es ist Steffi, die Tochter der Wirtin, die mit 35 an Lungenkrebs gestorben ist. Steffi verlangt von Marie-Luise Rache an ihrer Mutter. Sie musste nämlich ihren Liebsten, einen Italiener - geht gar nicht - aufgeben und einen Fleischhauer heiraten, der die Sonne, Mutters Lebenswerk, weiterführen konnte. Steffi spielt im blauen Kleid der jungen Franziska Firmian Szenen aus der Vergangenheit ihrer Mutter. Damit werden deren Motive zur Tochter-Unterdrückung verständlich. 

 

Marie-Luise hat selbst eine Mutterkiste am Dampfen. Aber sie will endlich frei sein. Und gleichzeitig geborgen und geliebt, jawohl!

Frau Wartha, Marie-Luises Mutti, erscheint ebenfalls als Gespenst im Negligé. Die Tochter muss sich ihrem Sexappeal stellen. Damit hat Frau Wartha ihre Tochter schon als Kind überwältigt und ihr später den Gatten ausgespannt. Die Mutti ist gnadenlos.

 

Im hellen Licht des neuen Tages stellen die Wirtin und Anton fest, dass Marie-Luise abgehauen ist. Anton will auch gehen. Die Wirtin hält ihn mit dem Bekenntnis, dass er ihr Sohn ist. Sie wurde mit 16 schwanger und gab ihn ihrer Schwester zum Aufziehen. Anton ist geplättet, zornig, dann gerührt.

Marie-Luise und Hildegard, die Frau von Karl-Heinz, haben einen Ausflug gemacht nd Landschaftsbilder gemalt. Marie-Luise hängt ihr Bild in der Pension auf, immer mehr Bilder. Hängt den alten Schrott ab und stellt ihre Staffelei auf. Die Wirtin wütet zuerst, wird jedoch Marie-Luises erste Malschülerin. Sie wirkt wie ein glückliches Mädchen, während sie malt.

 

Am Ende ist Marie-Luise die neue Gute Wirtin. Die alte hat zufrieden abgedankt und malt wie Grandma Moses. Die Pension Überblick wird keine Wellness- sondern eine Kunstoase. Karlheinz übernimmt nach einem Entzug den Weinkeller. Hildegard die Betriebsführung. Anton erbt die Pension. Er und Marie-Luise werden ein Paar.

 

Und die Gespenster? Jetzt sind Steffi und Frau Wartha erlöst und ziehen sich zu Steffis Urahnin, der Kalten Sophie, in die Eishöhlen im Berg zurück. Wo sie manchmal die Touristen erschrecken.

 

 

Leseprobe: 1. Akt Szene 1 - 5

 

1. Szene

 

MARIE-LUISE trägt Hosen und ein sportliches Freizeithemd. Sie trinkt ihre Tasse Kaffee aus, sieht sich um, steht auf und vermeidet es, auf den weißen Wollläufer, die auf langen, persischen Läufern liegen, zu treten. Am Tresen sucht sie eine Ansichtskarte aus. Zurück am Tisch schreibt sie, halblaut mitsprechend:

 

 

MARIE-LUISE Liebe Mutti! Ich bin in der Pension Überblick gelandet. Es ist so wie früher bei uns.

 

Für sich gesprochen:

 

Aber die Bilder sind grausig. Da darf ich halt nicht hinschaun.

 

Das Wetter ist schön. Nur morgens und abends ist es schon ziemlich frisch Die Wirtin, Frau Firmian, hat einen Neffen. Er heißt Anton ... Ich hoffe, es geht dir gut.

 

Für sich gesprochen:

 

 Da, wo du bist. Sie geht mir ab, die Mutti. Das hätt ich nie gedacht.

 

Liebe Grüße aus den schönen Bergen, deine Marie-Luise.

 

 

2. Szene

 

ANTON tritt ein. Er trägt eine Kellner-Uniform: Zu schwarzer Hose und weißem Hemd ein grünes Westerl. Er strafft sich, prüft mit den Augen, rückt etwas zurecht, bläst Staub weg, etc. und tut so, als sähe er MARIE-LUISE nicht, die weiterschreibt:

 

 

MARIE-LUISE: Er ist gut zum Anschaun, der Anton. Ein Mannsbild. Nicht mehr jung. Aber gerade. So sind die Leute hier. Einheimisch. Und gerade. Eine gewisse Aufmerksamkeit könnte man aber schon erwarten. Auch als Frau. Eine Frau allein traut sich ja nicht.

 

ANTON Darf ich?

 

MARIE-LUISE Unfreundlich sein.

 

ANTON Kann ich?

 

MARIE-LUISE Sie darf sich nicht

 

ANTON Hätten Sie gerne

 

MARIE-LUISE beschweren.

 

ANTON etwas?

 

MARIE-LUISE Sonst

 

ANTON Wie bitte?

 

MARIE-LUISE Sonst. Oh. Noch eine Tasse Kaffee, Herr Anton. Bitte.

 

ANTON Mhm.

 

MARIE-LUISE Wenn es Ihnen keine Umstände macht.

 

ANTON Noch was? 

 

MARIE-LUISE Milch. Zwei Milch, bitte. 

 

ANTON ab.

  

 

3. Szene

 

 

MARIE-LUISE: Man könnte auch freundlich sein. Zu einer wie mir. Ich bin doch nicht normal. Ich bin doch keine normale Touristin. So eine wie mich. Die kann man doch. Anschaun. Na, gut, ich bin nicht mehr die Jüngste. Da kann man nichts machen. Aber ich will. Ich möcht so gern. Vielleicht. Warum denn nicht?

 

 

4. Szene

 

 

ANTON auf, mit Kaffeetablett.

 

ANTON: Eine Tasse Kaffee. Zwei Milch.

 

MARIE-LUISE: Und der Zucker?

 

ANTON: Steht am Tisch. 

 

Will ab.

 

MARIE-LUISE Ah, ja, danke. Vielen Dank ... Ähm. Jetzt hätt ich beinah. Die Karte. Die Postkarte. Vergessen. Was kostet eine Postkarte bei Ihnen?

 

ANTON Da muss ich die Tante fragen. 

 

MARIE-LUISE Und das Porto. Was macht das Porto von hier ... nach ... dort.

 

ANTON ab.

 

 

5. Szene

 

Auftritt KARLHEINZ in flotter Freizeitkleidung, bereits beschwipst.

 

 

KARLHEINZ Oh, so eine Überraschung: Eine schöne Frau, und so ganz allein. Das darf nicht sein. Und ein Wetterchen draußen, ein goldener Herbst. Für die schönsten Wochen des Jahres. Sind Sie schon länger?

 

MARIE-LUISE Einen Tag.

 

KARLHEINZ Ich bin gestern Nacht runtergebrettert. In einem Rutsch. Wumm. Ich bin der Karlheinz.

 

Greift MARIE-LUISES Hand und schüttelt sie.

 

MARIE-LUISE Mhmau.

 

KARLHEINZE Es ist großartig hier. Immer wieder. Die Berge, die Täler, die, die ... der Wein. Einfach super. Spitze. Hier bin ich Mensch, hpps, hier darf ich’s sein. 

Setzt sich zu ihr.

 

Ich stör Sie doch nicht, gnä Frau. So eine schöne Frau wie Sie soll nicht allein sein.

 

Wer mehr lesen will, kann sich entweder bei mir oder beim stückgut Verlag München, melden.

 

 

 

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