LEIB & SEEL

 

Lustspiel in fünf Akten

Frei nach Amor & Psyche von Apuläus

 

 Die Personen und ihre Doppelrollen:

 

PAULA, 18

PSYCHE

 

AFRA HOFBAUER, Bäurin, 41

APHRODITE

 

ANDERL HOFBAUER, ihr Sohn, 23

2 x AMOR

 

SOPHIE SCHMIED, Afras Schwägerin, 60

PERSEPHONE

 

LISSI, Anderls Freundin, 17

SCHWESTER PSYCHES

 

IGNAZ, ein Schäfer, 55

ZEPHIR

 

 

Die Handlung spielt im September 1963,

der 1. Akt in der Wohnküche des Bauernhofs,

der 2. Akt hinter dem Hof

der 3. Akt vier Wochen später, im Oktober, wieder in der Wohnküche,

der vierte Akt in einem Kellerloch und

der fünfte Akt wieder hinter dem Hof.

 

 

Copyright Ingrid Kellner

 

 

I. AKT

 

 

1. Szene

 

September. Bäuerliche Wohnküche. Abendstimmung. Von draußen hört man Kühe muhen und Hennen gackern. In der Ferne wettert es ganz leise.

PAULA trägt ein braves Kleid und schleppt einen altmodischen grünen Rucksack auf dem Rücken. Sie klopft an und tritt ein.

 

PAULA Grüß Gott! Ist da jemand? ... Anderl? ... Herr Hofbauer? ... Da ist ja gar niemand.

Wandert in der Küche herum, berührt Dinge.

 

Ah, Anderl. Da bist du daheim ... An dem Tisch. Auf den Tisch legst deine Arm auf, deine lieben Arm und Ellbogen ... Auf dem Stuhl sitzt du mit deim lieben ... Ach ... Aus dem Krügerl trinkst, gell. Anderl, mit deine Lippen ... und auf dem Sofa liegst. Mit deim lieben Leib. Und. Beim Radiohören.

Legt Rucksack ab und sich aufs Sofa.  Ich möcht mit dir ... Radiohörn ... Die Tür. Durch die Tür geht er raus und rein. Jeden Tag. Und wenn er jetzt rein käm und mich sehert, tät er seine Arme ausbreiten. Und ich. Wie im Kino. Ich laufert hinein. 

 

Es wettert draußen. Donnergrollen aus der Ferne. Paula steht mit geschlossenen Augen und ausgebreiteten Armen vor der Tür. Die Tür fliegt auf, ein Windstoß treibt SOPHIE herein.

 

 

2. Szene

 

SOPHIE mit schwarzer, klein geblümter Kleiderschürze, die weißen Haare im Knoten, trägt einem Waschkorb. Vielleicht mit einem über den Kopf gewehten Betttuch wie ein Geist. Beide erschrecken.

 

SOPHIE Jessas, Mar und Josef!

PAULA Ein Gespenst. 

SOPHIE Ja, jetzt. A so ein Wetter. Grad dass ich noch die Wäsch reinbracht hab.

PAULA Entschuldigen Sie, Frau Hofbauer. Bitte.

SOPHIE Na, na. Die bin ich net, d‘Frau Hofbauer. Was willst denn bei uns? Spioniern vielleicht. Was ausspechten.

PAULA Nein. Wieso?

SOPHIE Es gibt genug Gschwerl, heutzutags. Und sie schleicht sich ums Haus. So eine Rumtreiberin. Ich habs gesehen. Und in d’Küch rein. Auf einen Hof, der wo allein steht. Mit einem Rucksack wie zum hamstern. Aber. Der Krieg ist vorbei. Hast gehört? Jetzt gibt’s wieder alles.

PAULA Ja, ja.

SOPHIE Was willst? Sag. Was hast bei uns verlorn? 

PAULA Den Anderl. Äh. Hier wohnt doch der Andreas, ich mein, der Herr Hofbauer. Andreas Hofbauer.

SOPHIE Könnt schon sein.

PAULA Ich. Also wir. Der Anderl und ich, wir haben uns kennengelernt. Bei den Exercitien von der katholischen Landjungend. Heuer im Frühjahr. Im Mai.

SOPHIE Exercitien. Hm.

PAULA Ja. Und. Ich. Also, ich bin die Paula. Und, und, ich wollt einfach mal vorbeischauen und. Und Grüß Gott sagen ... Grüß Gott!

SOPHIE Grüß Gott und Aufwiederschaun. Da ist die Tür. Da hat der Zimmermann-

 

 

3. Szene

 

Ein Windstoß stößt ein Fenster auf, im grellen Blitz erscheint AMOR

 

AMOR So gehts ja nicht. Irgendwer muss dem Batscherl doch beistehen. Sonst ghört sie der Katz. Weil, gegen so eine wie die Aphrodite, äh, ich mein die Afra Hofbauer, kommt sie nicht an. Genau so wenig wie damals die Psyche, auch so ein Batscherl, gegen mei Mutter, d’Afrodite ... Meine Mutter. Ich bin der Sohn. Amor heiß ich. Der wo alle zum Lieben bringt, obs wollen oder nicht. Mit meine Pfeil schieß ich – pfitsch – und dann ghört eine jede, wiegsagt, der Katz. Im Mai hab ich die Paula erwischt. Pitsch. Sie hat dem Anderl ewige Lieb geschworen. Aber der Depp hat sich nimmer grührt. Und jetzt haben wir September. Jetzt wird’s pressant.

Zielt auf SOPHIE.

Geh, sei halt nicht so, Sophie! Pfitsch. Hab sie gern, die Paula und halt zu ihr.

Es donnert. Fenster schlägt zu. AMOR verschwindet.

 

 

4. Szene

 

SOPHIE Was war jetzt des? So ein Wetter ... Grüßgott, Fräun Paula. Ich bin die Sophie. Ich gehör zum Inventar, weißt. Ich bin die Schmied-Sophie, d’Schwägerin von der Afra, der Frau Hofbauer.

PAULA Angenehm, Frau Schmid.

SOPHIE Darfst schon Sophie zu mir sagen.

PAULA Sophie. Ja ... Und ich wollte fragen, ob der Herr Hofbauer da ist. - Wartens, ich helfe ihnen.

Die beiden legen das große Leintuch zusammen. 

SOPHIE Um was geht’s denn?

PAULA Um was Privates. Und ob ich mit ihm sprechen kann.

SOPHIE Warum soll das nicht gehen? Er hat doch einen Mund zum Reden.

PAULA Ja, sein Mund ...

SOPHIE So, so, Exercitien. War die gemischt, die katholische Landjugend?

PAULA Ja. Nein. Eigentlich nicht. Aber.

SOPHIE Um Himmelswillen, Deandl. Hast dich vergessen. Hast eine Unkeuschheit begangen?

PAULA nickt.  Und wie ich gemerkt hab, dass, dass ...

SOPHIE Dass was unterwegs ist –

PAULA Wollt ich ins Wasser gehen. Aber. Der Bach ... war so kalt. Und dann wollt ich wo runter. Springen. Aber ... ich hab mich net traut. Und dann hab ich mir denkt, dass ich den Anderl such, bevor ich ...

SOPHIE Bevor dir was antust. Sünden fürchten musst dir. Verspielst deine ewige Seligkeit ...Hast es schon beicht?

PAULA Nein. Weil. Das geht ihm nichts an, unserm Herrn Pfarrer. Glaub ich.

SOPHIE Na, na, na ... Die heutige Jugend ... Mai, Juni, Juli, August. Und jetzt hamma September ... Man sieht noch nichts.

PAULA Und dann?

SOPHIE Das wern mir schon sehn ...  vielleicht die Wäsch fertig machen.

PAULA Und wie ist sie? Dem Anderl seine Mutter?

SOPHIE D’Afra? Mei. Hantig iss. Die Afra raucht kein Guten. Zur Zeit schon gleich gar nicht, weil sie sichs abgewöhnt, das Rauchen. Wo eine richtige Frau doch überhaupt nicht raucht.

PAULA Ja. Nein.

Man hört Schritte.

PAULA Jetzt glaub ich kommt sie.

 

Wer wilssen will, wie's weitergeht, kann bei mir anfragen. 

 

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