Wenn Ursula einen schlechten Tag hat, hocken sie auf ihren Schultern, ihre kleinen, lästigen Begleiter.

 

Ursulas Dämonen

 

Es sind der Ennui auf der rechten und die Trine auf der linken Schulter. Der Ennui, ein entsetzlicher Langweiler, sagt immer: „Ich mag nicht, was soll ich tun, mir ist so faad! 

„Komm und streichle mich ein bisschen!“ sagt die Trine zum Ennui. Sie hat lauter Schwimmreifen aus Fett, so wie das Michelin-Männchen, nur dass sie eben ein Weibchen ist.

„Bleib mir vom Leib oder ich speib!“, droht der Ennui und sammelt schon Spucke im Mund.

„Ja, wie hammas denn?“, fragt die Ursula. „Hör bloß auf! Ich will nicht am Hals angespuckt werden!“

Der Enui schluckt seine Spucke wieder runter. „Sag mir lieber ich tun soll, dass mir nicht so langweilig ist!“ fordert er. „Ich hab nichts, nichts, das mich ausfüllt oder fesselt, nichts Wichtiges und Weltbedeutendes.“

„Wenn du auf meiner Schulter hockst“, sagt die Ursula, „fällt mir eh nichts ein. „Hm, ja doch, wie wärs mit lesen, zeichnen oder spielen?“

„Was soll ich denn spielen?“ will der Ennui wissen.

„Solitaire“, meint die Ursula.

„Uuh“, stöhnt der Ennui, „das ist ja so was von langweilig, das geht mir auf die Eier, das hängt mir zum Hals raus.“

„Zeig mal!“, sagt die Trine. Der Ennui streckt ihr seine Zunge raus und erwischt dabei Ursula am Hals. Iihh! Die Trine grabscht blitzschnell, sie erwischt die Zunge, rutscht aber wieder ab und putzt sich die nassen Würstlfinger an Ursulas Hals ab. Ursula graust es so, das sie alle beide von ihren Schultern runterwischt. Wusch!

„Du hättest uns umbringen können!“ schreit die Trine. Sie sind aber auf der mit Samt überzogenen Lehne von Ursulas Großvater-Sessel gefallen. Und außerdem ist sie gut gepolstert und hat sich kein bisschen weh getan. Trotzdem weint und und winselt sie erbärmlich. Ungeduldig fordert der Ennui, dass sie aufhören soll. Aber das tut die Trine nicht.

Sie jammert weiter: “Niemand liebt mich, auch du nicht, keiner hat mich gern, ich bin ja so allein.“ Oh je. Fast bekommt Ursula Mitleid, aber das tät der Trine nicht helfen.

„Soll ich dir mal was sagen, Trine“, sagt der Ennui, „dein Problem ist dein Mangel an Selbst-Akzeptanz.“ Hört hört, heut ist er wieder gescheit, direkt analytisch. Aber die Trine will hören, dass sie ihm gefällt, samt ihrer fetten Figur, der käsigen Haut und den vielen braunen Flecken, mit denen sie gesprenkelt ist. Soll ihm das gefallen? Den Ennui schüttelts. Wirklich nicht.

„Du schnallst es nicht, Trine“, mischt sich Ursula ein: „Der Ennui hat auch seine blinden Flecken. Ihm fehlt die Disziplin, wo dran zu bleiben und er ist geplagt vom Größenwahnsinn. Er kennt keine Bescheidenheit und gehört in die Sprechstunde von Frau Dr. Saturna.“

„Scheiß drauf!“, der Ennui wird zornig. Und weil er sich erwischt fühlt, haut er ab, verschwindet, so wie es kleine Dämonen tun. Und die dicke Trine hinterher. Ursula hat auf einemal wieder einen freien, beweglichen Hals auf ihren Schultern. Sie dreht ihn hin und dreht ihn her, es gefällt ihr sehr. Was sieht sie? Sieht sie was?

 

Ursula sieht Trine in der Küche wursteln, was schnibbeln, brutzeln. Ja, so tröstet sie sich. Halt noch ein Schwimmreifen mehr um ihre Taille.

 

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