Essen auf Afrikanisch

 

Es macht Pling. „Paula“, ruft die Küchenfee. „Ich bin wieder dahaa.“

„Jahaa.“ Paula kennt seit kurzem eine Küchenfee. „Einen Moment noch.“ Sie holt unter der Spüle eine selten benutzte Emailschüssel raus, eine große, weiße Waschchüssel mit blauem Rand und einem üppigen Blumenmotiv. „Meinst du, sie passt?“

„Für was?“, will die Küchenfee wissen.

„Für ein afrikanisches Essen“, erklärt Paula. „Mein erstes hab ich damals auf Kreta gekriegt.“

„Erzähl!“, sagt die Küchenfee und pflanzt sich an den Küchentisch.

„Ich war mal auf Kreta“, fängt Paula an. „Im Urlaub. Da war ich grad 35 Jahre alt geworden.“

„Süß“, sagt die Küchenfee.

„Ich fand’s hart“, meint Paula. „ Ich hab doch die erste Hälfte meines Lebens schon hinter mir gehabt. Und wenn die zweite Hälfte genauso bescheuert wär und so schnell vorbeigehen tät, dann ist das mit dem Leben irgendwie nicht so toll.“

 

Paula fühlte sich damals sehr allein. Sie hatte sich mit ihren beiden Reisebegleiterinnen gezofft und war raus aus der Pension und zu einer griechischen Bäuerin gezogen. Die hatte hinten im Olivenhain am Hang einen länglichen, teerpappegedeckten Schupfen stehen und ihn mit dünnen Wänden in ein paar Kammern unterteilt. Darin lagen graue, kratzige Decken auf wackeligen Feldbetten. Vor dem Schupfen lief eine schmale, bröselnde Betonterrasse entlang, beschattet von einer schütteren Schilfmatte.

Paula hatte Nachbarn, eine junge schwedische Familie mit drei Kindern, zwei weißblonden Buben und einem afrikanischen Mädchen, das sie adoptiert hatten. Sie waren zwei Jahre in ihrem Dorf Entwicklungshelfer gewesen. Die jungen Schweden luden Paula gleich am ersten Tag zum Essen ein, auf afrikanisch. Eine Decke war auf der Betonterrasse ausgebreitet, darauf standen eine große Emailschüssel mit Maisbrei und eine kleinere mit Huhn und ein bisschen Gemüse in einer roten, scharfen Erdnuss-Sauce.

„Moment mal!“, unterbricht die Küchenfee. „So wie die hier?“ Sie lüpft den Deckel eines Topfs, der leise auf Paulas Herd schmurgelt.

„Genau“, nickt Paula.

„Der Duft!“ Die Küchenfee schnuppert, sie schmilzt fast. „Fertig?“

„Fast“, sagt Paula. „Es fehlt nur noch der Maisbrei. Könntest du den ..?“

Na klar, Maisbrei ist für eine Küchenfee ein Klacks. Pling, kling, klatsch, schon liegt ein schöner Batzen in der Emailschüssel und dampft. Kein Einstreuen ins kochende Wasser, kein endloses Rühren, keine gefährlichen Spritzer. (Es gibt auch Instant-Mais, sehr praktisch. Ersetzt fast eine Küchenfee.)

Die Fee hat eine Decke auf der sonnigen Terrasse ausgebreitet und Stuhlkissen verteilt. „Und wo ist das Besteck?“

Paula streckt ihr die Finger der rechten Hand entgegen: „Hier.“

 

Die Kinder in Kreta kringelten sich, weil Paula sich beim Essen so dumm anstellte. Jeder nahm sich mit der rechten Hand einen kleinen Batzen Brei, rollte ihn kugelförmig, drückte mit dem Daumen eine Delle hinein und schöpfte mit diesem Näpfchen die scharfe Zuspeise. Dann hoch zum Mund, elegant reingeschoben, und nun, bitteschön, mit sauberen, nicht von oben bis unten abgeleckten Fingern, wieder runter in den Brei. Wie gesagt, die Kinder amüsierten sich bestens, und Paula war glücklich. Es war ja nicht nur das Essen, das ihnen allen so Spaß machte.

 

Paula räuspert sich. „Wenn ich mir noch was wünschen dürfte.“

„Was fehlt denn noch?“, fragt die Fee.

„Gesellschaft“, sagt Paula.

„Bin ich dir nicht genug?“, schmollt die Fee.

„Echt afrikanisch essen liegt nicht nur am Rezept“, erklärt Paula. „Dazu gehören auch Leute, liebe Leute, zum Beispiel Herbert und Gisela aus München, Abu aus Puchheim und Renate aus Landshut.“

Pling, da sitzen sie alle rund um die Schüssel und greifen zu. Es wird ein langer, lustiger afrikanischer Abend mit viel Reden, Zuhören, Trinken, Kichern, Lachen und Lebensmut tanken. Ganz zum Schluss haben sie noch Mau-Mau gespielt und sich auf der Decke gekringelt.

 

Maisbrei

Paula macht aus 500 g Instant Mais nach Packungsvorschrift einen festeren Brei, den man zu kleinen Kugeln rollen kann. Und in eine schöne Schüssel füllen. Servietten bereit legen.

Maisbrei ist in vielen Teilen Afrikas die Hauptspeise. Sie wird aus Maismehl, Maisgrieß oder Maisschrot zubereitet. 

 

Erdnuss-Sauce mit Hühnerfleisch und Gemüse

Für 4 – 6 Personen

 

Paula zerteilt einen halben, niederbayrischen Giggerl in kleinere Teile, salzt und pfeffert sie und läßt sie im heißen Fett Farbe kriegen. Dazu kommen in den Topf: 2 gehackte große Zwiebeln, 1 – 2 Knoblauchzehen, 1 von den Kernen befreite Chilischote, eine grüne Paprikaschote, 1 gelbe Rübe in Stücken und 1 EL geriebener Ingwer. Alles schön anschmoren und ablöschen mit 3 großen, geschälten und gehackten Tomaten (oder 1 Dose Pelati, die man zerkleinert und die Tomatenbutzen entfernt), darauf 1 gute Prise Zucker, damit sie aromatischer werden. Zur Unterstützung 1 EL Tomatenmark. Dann füllt Paula mit soviel heißem Wasser auf (Hühnerbrühe geht natürlich auch), dass alles gut bedeckt ist. Deckel drauf und alles eine gute halbe Stunde leise köcheln, bis das Fleisch weich und zart ist. Zum Schluss erst rührt Paula 125 g Erdnusscreme unter und passt auf, dass nichts anlegt. Für echte Afrikaner reicht sie dazu die schärfsten Chilis, die sie finden kann, ob roh, im Glas oder als Paste.

 

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